29 Juni 2017

Warum Kaffeetrinken in Triest anspruchsvoll ist

Nirgendwo sonst in Italien wird mehr Kaffee getrunken als in Triest. Und nirgendwo sonst sind die gerösteten Bohnen derart Kult. Eine Tour durch die Stadt auf Espresso-Spuren.

Der Wohnsitz des Professors bleibt geheim. „Aber hier ist sein Postfach“, sagt Signora Nadia und öffnet ehrfürchtig eine Schublade im schweren hölzernen Schrank unter der Kasse. Zum Vorschein kommt ein Bündel Briefe, die Umschläge per Hand beschrieben, adressiert an Claudio Magris, Caffè San Marco, Via Cesare Battisti, 18 a, Trieste.

Der berühmte Germanistikprofessor, 2009 Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels, stammt aus der Stadt am Rand des Karsts. In zahlreichen Schriften hat Magris die Idee von Mitteleuropa entworfen, seine Heimatstadt dabei als einen Grenzort gefeiert, wo sich die slawische, deutsche und italienische Kultur trafen, die Religionen über Jahrhunderte gewaltfrei zusammenlebten.

„Wann immer Magris in Triest ist, besucht er uns, dort ist sein Stammplatz“, sagt die Chefin des Cafés, eine hagere Frau um die 70, und zeigt auf einen Tisch mit zerschlissener Lederbank in einer Ecke des Lokals. „Er liest hier, schreibt an seinen Werken oder trifft sich mit Freunden.“ Und bekommt seine Post übergeben.

Triest hat eine eigene Kaffee-Sprache

 An diesem Samstagmorgen kommt der Professor nicht ins „San Marco“. Andere treffen sich jeden Tag im Etablissement aus dem Jahr 1914, das mit seinen Marmortischen, der dunklen Holzvertäfelung und der freskenbemalten Decke einem Wiener Kaffeehaus ähnelt.
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